Der direkte Kontakt zwischen Zeitzeug*innen und Schüler*innen steht bei den Gesprächen im Vordergrund. Geschichte wird konkret und lebendig: Die Berichte der Überlebenden verdeutlichen die vielgestaltigen Auswirkungen des NS-Terrors auf den einzelnen Menschen und das Leid, dass durch Hass, Rassismus und Krieg verursacht wird.
Das Maximilian-Kolbe-Werk führt seit 2001 Zeitzeugengespräche in deutschen Schulen, Pfarrgemeinden und anderen Bildungseinrichtungen durch. Seitdem kommen jedes Jahr mehrere Überlebende nationalsozialistischer Konzentrationslager und Ghettos als Zeitzeugen nach Deutschland. Die angebotenen Zeitzeugengespräche werden von uns als eigene Projekte oder in Zusammenarbeit mit verschiedenen Kooperationspartnern organisiert.
Bundesweit erreichen wir damit mehrere Tausend Schüler, aber auch Erwachsene, die in direkten Begegnungen im Sinne von "Aufklären durch Erzählen" von den Zeitzeugen aus erster Hand über die Verbrechen erfahren, die an ihnen während der NS-Diktatur verübt worden sind.
Die meisten Zeitzeugen kommen aus Polen und den Ländern der ehemaligen Sowjetunion. Sie sind über 80 und häufig sogar über 90 Jahre alt. Trotz ihres fortgeschrittenen Alters und ihrer angeschlagenen Gesundheit nehmen sie die Reise auf sich und stellen sich für Zeitzeugengespräche zur Verfügung. Als Organisator und Vermittler der Zeitzeugengespräche ist es uns sehr wichtig, dass die betagten Zeitzeugen vor Ort angemessen untergebracht und sowohl vor als auch nach den Gesprächen in den Schulen gut betreut werden.
Für die Begegnung mit den Zeitzeugen stehen meistens zwei bis drei Unterrichtsstunden zur Verfügung. Der Ablauf einer jeden Begegnung ist so gestaltet, dass zunächst die Zeitzeugen von ihrer Inhaftierung und ihren Erlebnissen erzählen, oftmals zeigen sie auch Fotos und weitere persönliche Gegenstände. Anschließend können die Jugendlichen Fragen stellen. In der Regel sprechen die Zeitzeugen kein oder wenig Deutsch, deshalb werden die vom Maximilian-Kolbe-Werk und seinen Partnern organisierten Zeitzeugengespräche von erfahrenen Sprachvermittlern gedolmetscht.
Das Maximilian-Kolbe-Werk vermittelt auch unter bestimmten Vorrausetzungen Zeitzeugen an interessierte Schulen und Bildungseinrichtungen im ganzen Bundesgebiet. Aus verschiedenen Gründen bevorzugen wir es, wenn sich zwei oder drei Schulen an solchen Zeitzeugenprojekten beteiligen und gemeinsam die organisatorischen Aufgaben und die Betreuung der Zeitzeugen vor Ort übernehmen. Wenn keine Betreuungs- und Sprachvermittlungsmöglichkeiten seitens der Schulen bestehen, sprechen Sie uns an, damit wir gemeinsam eine Lösung finden können.
Das Maximilian-Kolbe-Werk berät die verantwortlichen Lehrkräfte bei der Vorbereitung des Zeitzeugenprojekts und stellt ihnen eine Kurzinformation über die besuchenden Zeitzeugen zur Verfügung. Darüber hinaus können die von uns herausgegebenen Broschüren "Fragt uns, wir sind die letzten..." und "Ich war von Anfang an in Auschwitz" bestellt werden.
Vom 23. bis 26. Januar 2024 organisierte das Maximilian-Kolbe-Werk in Kooperation mit der Landeszentrale für politische Bildung Sachsen-Anhalt den Besuch der Holocaust-Überlebenden Henriette Kretz in Madgeburg und Stendal.
Vom 02. bis 08. Juni waren wieder Zeitzeug*innen aus Polen, Belgien und Schweden zu Gast im Bistum Mainz. Die Überlebenden Dr. Leon Weintraub, Henriette Kretz, Józefa Posch Kotyrba, Mieczyslaw Grochowski und Mikołaj Skłodowski sind zwischen 79 und 98 Jahre alt und sprachen jeden Vormittag im Tagungshaus der EKHN Kloster Höchst in Höchst im Odenwald vor insgesamt rund 770 Schülerinnen und Schülern. An den Gesprächen nahmen das Starkenburg-Gymnasium Heppenheim, die Ernst-Göbel-Schule Höchst, die Theodor-Frey-Schule Eberbach, das Gymnasium Michelstadt, die Georg-Ackermann-Schule Breuberg, die Schule am Sportpark Erbach und die Goetheschule Dieburg teil. Außerdem kamen 220 Schülererinnen und Schüler von Darmstädter Schulen zur Abendveranstaltung mit Dr. Leon Weintraub.
Die Überlebenden Henriette Kretz, Jozefa Posch Kotyrba und Mieczyslaw Grochowski waren vom 14. bis 20. April im Kloster Jakobsberg in Ockenheim untergebracht und schilderten jeden Vormittag Schülerinnen und Schülern ihre Erfahrungen aus der Zeit des Nationalsozialismus. Die zwischen 85 und 89 Jahre alten Zeitzeug*innen waren in ihrer Kindheit und Jugend in dem Internierungs- und Arbeitslager Lebrechtsdorf-Potulitz, im Ghetto Sambor sowie dem „Jugendverwahrlager Litzmannstadt“ inhaftiert.
Nach zwei Jahren Unterbrechung, in denen durch die Pandemie keine Besuche von Zeitzeugen stattfinden konnten, waren nun wieder Überlebende deutscher Konzentrationslager aus Polen zu Gast im Bistum Mainz. Alodia Witaszek-Napierala, Jozefa Posch-Kotyrba und Mieczyslaw Grochowski wohnten vom 08. bis 14. Mai 2022 im Kloster Jakobsberg in Ockenheim.
Nach mehr als zwei Jahren Pause durften wir letzte Woche wieder einen Zeitzeugen des NS-Regimes in Freiburg willkommen heißen. Der Shoah-Überlebende Josef Salomonovic (83), der in der Tschechoslowakei geboren wurde und heute in Wien lebt, reiste auf Einladung des Maximilian-Kolbe-Werks nach Deutschland.