Augsburger Bischof Bertram Meier neuer Stiftungsratsvorsitzender, neuer Stellvertreter Weihbischof Maciej Małyga aus Breslau/Wroclaw, Wiederwahl von Peter Weiß als Vorsitzender
Berlin, 14./15. November 2024
Seit seiner Gründung vor 50 Jahren unterstützt das Maximilian-Kolbe-Werk KZ- und Ghetto-Überlebende in Mittel- und Osteuropa. Als Folgeorganisation initiiert und unterstützt die Maximilian-Kolbe-Stiftung Versöhnungsprozesse auf europäischer Ebene. Die Stiftung, die gemeinsam von der deutschen und der polnischen Bischofkonferenz getragen wird, ist ein Beispiel für die vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen den beiden Ländern.
Vom 14. bis 15. November 2024 kamen die Gremien beider Organisationen zu ihren jährlichen Versammlungen in Berlin zusammen und leiteten dabei eine neue Ära ein: In Zukunft werden in der Mitgliederversammlung des Maximilian-Kolbe-Werkes und im Stiftungsrat der Maximilian-Kolbe-Stiftung dieselben Personen vertreten sein. Ebenso wurden die beiden Vorstände durch Neuwahlen personell angeglichen. Damit können die beiden Organisationen in Zukunft in enger Abstimmung ihre Arbeit fortsetzen und Synergien nutzen.
Peter Weiß, ehemaliges MdB, wurde als Vorsitzender des Werkes und der Stiftung bestätigt. Außerdem in die Vorstände gewählt wurden Dr. Jörg Lüer (Deutsche Kommission Justitia et Pax), Steffen Feldmann (Caritas Internationalis), Gerold König (Pax Christi, deutsche Sektion), Prälat Dr. Jaroslaw Mrówczyński (Sekretariat der polnischen Bischofskonferenz), Ulrich Pöner (Sekretariat der deutschen Bischofskonferenz) und Dr. Markus Ingenlath (Renovabis).
Bischof Bertram Meier, der auch die Kommission Weltkirche der Bischofskonferenz leitet, löste den emeritierten Bamberger Erzbischof Ludwig Schick als Stiftungsratsvorsitzenden ab. Von seinem Vorgänger Wiktor Skworc, emeritierter Erzbischof von Kattowitz/Katowice, übernimmt Weihbischof Maciej Małyga aus Breslau/Wroclaw den stellvertretenden Vorsitz im Stiftungsrat.
Die von ihren Ämtern als Vorsitzende des Stiftungsrat der Maximilian-Kolbe-Stiftung scheidenden Erzbischöfe em. Ludwig Schick (links) und Wiktor Skworc (rechts) mit Peter Weiß, Vorsitzender der Stiftung und des Maximilian-Kolbe-Werks
Bei der feierlichen Verabschiedung dankte Erzbischof Schick den scheidenden Mitgliedern beider Gremien für ihre teils Jahrzehnte währende Mitarbeit und ihr Engagement für Frieden und Versöhnung in Europa. Ihm selbst falle der Abschied nicht leicht, sagte der Erzbischof. "Die berührenden Begegnungen mit Überlebenden der nationalsozialistischen Terrorherrschaft und der anregende Austausch mit jungen Menschen aus ganz Europa darüber, wie wir Versöhnung schaffen können für eine bessere Zukunft in Gerechtigkeit und Frieden, haben mich inspiriert und begleitet. Dafür bin ich sehr dankbar", so der Erzbischof.
In neuer Zusammensetzung diskutierten Mitgliederversammlung und Stiftungsrat die für 2025 geplanten Aktivitäten von Werk und Stiftung. Das Maximilian-Kolbe-Werk unterstützt derzeit jedes Jahr ca. 5.000 KZ- und Ghetto-Überlebende in Polen, der Ukraine und weiteren Länder mit finanziellen Beihilfen, der Organisation von häuslicher Pflege, Essen auf Rädern und sozialmedizinischer Begleitung. Die Maximilian-Kolbe-Stiftung führt Workshops und Sommercamps zur gewaltbelastenden Vergangenheit in der Gedenkstätte Auschwitz-Birkenau/Polen, in Spac/Albanien und in Sarajewo/Bosnien-Herzegowina durch.
Der neue Vorstand des Maximilian-Kolbe-Werks und der Maximilian-Kolbe-Stiftung: v.l.n.r. Prälat Dr. Jaroslaw Mrówczyński, Ulrich Pöner, Dr. Jörg Lüer, Gerold König, Peter Weiß und Steffen Feldmann. nicht im Bild: Dr. Markus Ingenlath
Erstmals gemeinsame Tagung der Gremien von Maximilian-Kolbe-Werk und Maximilian-Kolbe-Stiftung: Die Mitgliederversammlung des Werkes und der Stiftungsrat bei ihrer Versammlung in Berlin im November 2024
Henriette Kretz *26.10.1924
(c) Rüdiger Grölz
Wir gratulieren Henriette Kretz herzlich zu ihrem 90. Geburtstag. Seit 30 Jahren ist sie unermüdlich als Zeitzeugin im Einsatz. Ihre berührende Erzählung hat viele tausend vor allem junge Menschen erreicht. Wir wünschen Ihr alles Gute, Gesundheit und Kraft für ihren weiteren Lebensweg und ihre Mission, die Geschichte der Kinder des Holocaust nicht in Vergessenheit geraten zu lassen.
Henriette Kretz ist Überlebende des Ghettos Sambor (heute Sambir in der Ukraine). Nach der Flucht aus dem Ghetto wurde das Versteck ihrer Familie verraten und ihre Eltern erschossen. Nach dem Krieg gelangte sie mit ihrem Onkel, dem einzigen weiteren Überlebenden ihrer Familie, nach Antwerpen.
Vasyl Volodko *22.10.1924
(c) k.naumko
Am 22.10.2024 vollendet Vasyl Volodko sein 100. Lebensjahr. Zu diesem besonderen Tag gratulieren wir Ihnen, lieber Vasyl Volodko, und wünschen Ihnen Gesundheit, Wohlergehen und Gottes Segen für die weiteren Tage Ihres Lebens! Möge Ihr Wunsch, dass der schreckliche Krieg, mit dem Russland Ihre Heimat überzogen hat, beendet wird, schnell in Erfüllung gehen.
Vasyl Volodko ist Überlebender der Konzentrationslager Dachau und Natzweiler-Struthof. Seit vielen Jahren ist ein treuer und liebenswerter Weggefährte des Maximilian-Kolbe-Werks.
Über viele Jahre hinweg hat er uns bei der Zusammenstellung von Besuchergruppen nach Deutschland unterstützt. Zudem nahm er immer wieder als Zeitzeuge an unseren Erinnerungsprojekten teil.
Der 14. August ist der Gedenktag des hl. Maximilian Kolbe, unseres Namenspatrons. Maximilian Kolbe hat sein Leben für einen Mithäftling im Konzentrationslager Auschwitz gegeben. An diesem Ort der Menschenverachtung und Grausamkeit hat er mit ungeheurem Mut und unerschütterlichem Glauben ein Zeichen der Menschlichkeit und Nächstenliebe gesetzt. Für seine Mithäftlinge ging seine Tat der Liebe weit über die Rettung eines Einzelnen hinaus. Inmitten der Qualen und der Hoffnungslosigkeit gab Maximilian Kolbe ihnen das Gefühl von Menschlichkeit zurück, den Glauben daran, dass das Gute existiert und dass moralische Grundsätze auch durch die grausamsten Henker nicht erschüttert werden können.
In einer Zeit, in der in Europa wieder ein grausamer Krieg herrscht, in der sich im Nahen Osten die Völker in unversöhnlichem Hass gegenüberstehen, brauchen wir die Botschaft des hl. Maximilian Kolbe mehr denn je. Er fordert uns auf, uns gegen den Hass zu wenden, uns für Mitmenschlichkeit, gegenseitiges Verständnis und Nächstenliebe einzusetzen. Er ist uns - auch heute, 83 Jahre nach seinem Tod - ein Vorbild und Ansporn, die Versöhnungsarbeit in seinem Namen fortzusetzen.
Eine Gruppe des Maximilian-Kolbe-Werks, unter ihnen KZ-Überlebende, in der Todeszelle von Maximilian Kolbe (Sept. 2023)
(c) KNA
Alodia Witaszek-Napierała (3.1.1938 - 16.6.2024)
(c) Stephan Dinges
Das Maximilian-Kolbe-Werk trauert um Alodia Witaszek-Napierała. Im Alter von 86 Jahren verstarb die Zeitzeugin am 16. Juni 2024 in ihrer Heimatstadt Bydgoszcz/Polen. Ihr Schicksal beleuchtet einen besonders perfiden Zug der nationalsozialistischen Bevölkerungspolitik: die sog. „Germanisierung“ von geraubten Kindern. Die Geschichte ihrer Kindheit macht deutlich, wie sehr die menschenverachtende Politik des NS-Regimes das Leben unzähliger Kinder in den besetzten Staaten dramatisch veränderte.
Alodia Witaszek-Napierała wurde am 3. Januar 1938 in Poznań/Polen geboren. Nach der Ermordung des Vaters und Deportation der Mutter wurde sie als fünfjähriges Kind zusammen mit ihrer jüngeren Schwester Daria zur "Germanisierung" verschleppt. Nach der Internierung im Konzentrationslager und einem SS-Gaukinderheim wurde sie zur Adoption an eine deutsche Familie vermittelt. Erst 1947 kehrte sie nach Polen zurück und es begann die schwierige Zeit des Wieder-Erlernens der Muttersprache und der Rückkehr in eine fast vergessene Familie.
Der Kontakt zu ihrer deutschen Familie brach nicht ab, die polnische „Mama“ und die deutsche „Mutti“ wurden Freundinnen. Über Jahrzehnte hielten die beiden Mütter Briefkontakt. Alodias Kinder hatten schließlich eine deutsche und eine polnische Oma.
Nach dem Abitur 1956 studierte Alodia Biologie und arbeitete anschließend als Dozentin in einem Labor an der medizinischen Fakultät. Sie heiratete, bekam zwei Kinder, vier Enkel und fünf Urenkel.
2011 kam Alodia Witaszek-Napierała auf Einladung des Maximilian-Kolbe-Werks zum ersten Mal als Zeitzeugin ins Bistum Mainz. Seitdem war sie mehrmals jährlich in verschiedenen deutschen Städten, auch einige Male in Freiburg, als Gast an Schulen und bei öffentlichen Veranstaltungen. Mit leiser Stimme und auf zurückhaltende Art schilderte sie in vielen Gesprächen das Schicksal des polnischen Mädchens, das seiner Familie geraubt und „umerzogen“ wurde. Sie war keine, die über ihr Schicksal klagte – im Gegenteil sagte sie über sich: „Ich habe Glück gehabt, ich habe zwei Mütter“ – und beschrieb deren Liebe. Manchmal wurde aber spürbar, wie sehr ihre Geschichte sie dennoch belastete.
Als während der Corona-Einschränkungen nur digitaler Unterricht möglich war, war sie bereit, als erste Zeitzeugin im Bistum Mainz in Kooperation mit dem Maximilian-Kolbe-Werk digitale Gespräche mit Schulklassen zu führen.
Vor allem in den letzten Jahren appellierte Alodia vermehrt an ihre Zuhörerschaft, sich nicht von menschenverachtenden Ideologien verblenden zu lassen. Sie sah ihre Lebensaufgabe im hohen Alter darin, an die geraubten Kinder und deren Schicksale zu erinnern. Denn Schicksale wie ihres und der anderen geraubten Kinder sollten sich nicht wiederholen.
Sie stellte sich immer wieder für Film-Dokumentationen und Interviews für polnische, deutsche und internationale Produktionen zur Verfügung. 2022 nahm sie an einem Projekt für ein volumetrisches Zeitzeugen-Archiv der Filmuniversität Babelsberg in Potsdam teil, bei dem aus den Interview-Aufnahmen 3D-Bilder für Virtual Reality-Anwendungen generiert wurden.
Immer mehr Institutionen wurden auf ihr Schicksal aufmerksam. So nahm sie auch an einer Tagung der Zentralen Adoptionsstellen der Bundesländer in Mainz teil, mehrmals sprach sie an der Universität Mainz. Der Buchautor Reiner Engelmann verfasste 2019 eine bewegende Biografie zu Alodia Witaszek-Napierała und ihrer Familie. Im Januar 2020 war ihre Biografie Mittelpunkt einer Ausstellung zum Gedenktag für die Opfer des Nationalsozialismus, die an mehreren Orten in Mainz gezeigt wurde.
Von 2011 bis 2023 war sie über 40 Mal zu Gast zu Gesprächen mit Schulen im Bistum Mainz, in Köln, Freiburg und Sachsen. 2022 wurde Alodia Witaszek-Napierała für ihr unermüdliches Engagement als Zeitzeugin mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet. Mit Alodia Witaszek-Napierała verlieren wir eine wunderbare Freundin, die wir sehr vermissen werden. Gleichzeitig sind wir sehr dankbar, dass wir sie kennenlernen durften und viele schöne gemeinsame Tage miteinander verbringen konnten. Ihre Freundlichkeit und ihr feiner Humor werden uns immer in Erinnerung bleiben. Das Maximilian-Kolbe-Werk trauert um eine beeindruckende Persönlichkeit. Wir werden sie in unseren Gedanken und Herzen weitertragen, sie in unser Gebet einschließen und ihr ein ehrendes Gedenken bewahren.Hinter uns liegen ereignisreiche Tage auf dem Katholikentag in Erfurt. Höhepunkt war das Zeitzeugengespräch mit dem Shoah-Überlebende Josef Salomonovic in der Predigerkirche. Der in der Tschechoslowakei geborene Salomonovic lebt heute in Wien. Er reiste auf Einladung des Maximilian-Kolbe-Werks zum Katholikentag nach Erfurt. In seinem einstündigen Vortrag nahm der 1938 geborene Salomonovic die Zuhörer mit auf die über vier Jahre dauernde, grausame Reise, die er als kleiner Junge erlebt hatte. Stets an seiner Seite war die Ehefrau Elisabeth, die die PowerPoint-Präsentation bediente und ihn unterstützte.
Josef Salomonovic
Detailliert und eindrücklich schilderte Josef Salomonovic seine Erinnerungen an das Ghetto Litzmannstadt, die Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau, Stutthof und an ein Außenlager des KZ-Flossenbürg. Zwei Gegenstände aus dieser Zeit hat Josef Salomonovic mitgebracht: Einen Löffel und ein kleines Flugzeug. Der Löffel sicherte seine Ernährung und somit sein Überleben. Der zweite Gegenstand war ein kleines Flugzeug, das er bei der Befreiung von einem Amerikaner geschenkt bekommen hatte.
Am Stand des Maximilian-Kolbe-Werks
Weiterhin gab es zahlreiche Begegnungen an unserem Stand auf der Kirchenmeile. Ein herzlicher Dank gilt allen, die Interesse an unserer Arbeit zeigten.
Am Stand des Maximilian-Kolbe-Werks